Der schönste Abschlag Hollands im Domburgschen Golfclub
„Wenn Sie am ersten Tee stehen, genießen Sie die Aussicht. Es ist der schönste Abschlag Hollands.“ So werden wir an diesem Sommertag Ende Juli im Sekretariat des Domburgschen Golfclubs auf den Kurs entlassen. Dass dies aber nicht das einzige Highlight des Platzes ist, sollen wir bald erfahren.
Die Neun-Loch-Anlage des Domburgschen Golfclubs in der Provinz Zeeland beginnt am Ortsende des Küstenstädtchens Domburg. Wie es sich für einen waschechten Linksplatz gehört, liegt er komplett in den Dünen. Bereits um 1904 wurden hier Bälle mittels Schlägern in kleine Löcher bugsiert. Im Jahr 1911 wird an dieser Stelle ein richtiger Golfplatz gebaut.
1914 erfolgte dann die feierliche Eröffnung der „Domburg Golflinks“. Zunächst betrieb die „Domburgsche Zeebadinrichting“ die Anlage. Finanzielle Verluste führen jedoch nach einigen Jahren in die Insolvenz. Aus diesem Grund übertrug der ursprüngliche Betreiber den Platz am 4. Januar 1923 an den neu gegründeten Domburgschen Golfclub. Dieser besteht zunächst aus wenigen interessierten Mitgliedern, deren Zahl 1935 lediglich ein Duzend betrug.
Topographie zieht Neu-Mitglieder
Der Zweite Weltkrieg setzt der Anlage stark zu. Luftbildfotos zeigen viele Bombenkrater auf den Fairways und Grüns. Es sind langwierige Reparaturarbeiten notwendig, um den Platz wieder bespielbar zu machen. Doch der Reiz der Topographie zieht viele neue Mitglieder an. Schließlich ist es der einzige echte Linksplatz der Niederlande. Schnell wächst die Mitgliederzahl auf 600 an. Sie reizt das Spiel mit den Naturgewalten, der ständige Blick aufs Meer, die geringe Vegetation und die tiefen Bunker. Alles Charakteristika von Linksplätzen, wie wir sie von den britischen Inseln kennen.
Zurück in die Gegenwart. Auf unserem Weg zum ersten Abschlag kommen wir an einem ondulierten Puttinggrün vorbei. Das benachbarte Chippinggrün ist recht klein, weist jedoch eine reizvolle Besonderheit auf: einen Links-typischen Topfbunker. Wir wagen ein paar Schläge aus dem Krater. Das Grün können wir von da unten aus nicht sehen. Von zehn Schlägen erreicht wenigstens ein Ball das Zielgebiet. Gut gerüstet setzen wir unseren Weg zum Start fort.
Kultiger Marshall gibt Platz-Unterweisung
Nach wenigen Metern wartet die nächste Besonderheit auf uns. In einem Holzschuppen sitzt ein älterer Herr, der bei unserer Ankunft von seinem dicken Buch aufschaut. Er grüßt freundlich. Wir geben uns auf Englisch als Greenfeegäste zu erkennen. Ein Blick in seine Liste und der Marshall hat unsere Namen gefunden. Mit dem für Holländer sympathischen Akzent macht er uns auf Deutsch auf einige Besonderheiten des Platzes aufmerksam.
So müssen die Wegführungen aufgrund der Enge mancher Bahnen streng eingehalten werden. Außerdem ist an Bahn 2 und 9 jeweils eine Glocke zu betätigen, um dem nachfolgenden Flight zu signalisieren, dass das Fairway frei ist. Schließlich weist auch der Linkscourse in Domburg ein Doppelfairway auf, wie wir es auch aus St. Andrews kennen. Das bedeutet, dass die Bahnen 4 und 6 dasselbe (breite) Fairway nutzen. Hierbei, schärft uns der nette Marshall ein, haben die Spieler*innen vom sechsten Abschlag immer Vorrang. Nur so können unliebsame Begegnungen mit entgegenkommenden Bällen verhindert werden.
Anblick, verweile doch, du bist so schön
Große Vorfreude begleitet uns zum ersten Tee. Und wirklich, der Ausblick vom höchsten Punkt der Dünenlandschaft ist spektakulär. Zur Linken sehen wir das Clubhaus sowie das angrenzende Hinterland. Vor uns erstreckt sich der gesamte Platz bis zum Grün der fünften Bahn, das den äußersten Punkt der Anlage bildet. Rechts von uns schauen wir über die Dünen auf die dunkelblaue Weite der Nordsee. Ein Anblick, der eigentlich zum Verweilen einlädt. Doch schon naht der nächste Flight, der zehn Minuten nach uns abschlagen will. Also Ball aufgeteet, zwei Probeschwünge und schon schicken wir das Spielgerät mit einem kräftigen Abschlag auf die Reise durch das vor uns liegenden Dünenmeer.
Der Platz zeigt alles, was man sich von einem Linkscourse erwartet. Die Fairways sind zwar recht breit, doch driftet der Ball durch den ständigen Wind von der Nordsee häufig ab. So liegt er mal im Rough, mal in kleinen Büschen und mal im Bunker. Diese sind Gott sei Dank nicht alle so tief wie auf dem Chipping-Grün. So hat man eine reelle Chance, aus der Tiefe zurück auf die Bahn oder das Grün zu spielen. Zwei Bahnen des Platzes, die 2 und die 9 müssen blind angespielt werden. Hier steht man in der (gelben) Teebox und schaut vor sich nur auf kleine Hügel mit typischer Strandvegetation.
Nordseewind ist allgegenwärtig
Blau-weiße Pfähle auf den höchsten Punkten sollen der Orientierung der Schlagrichtung dienen. Was man beim ersten Durchlauf nicht weiß, ist, wie breit das Fairway dahinter ist. Tipp von uns: Lieber etwas mehr links vom Pfahl zielen als rechts. Sonst könnte der Abschlag zu weit geraten und im Rough der Bahn landen. Weitere Highlights sind die drei Par 3 Bahnen. Auch hier sind die Abschläge spektakulär. Man steht höher als das zugehörige Grün und spielt daher weiter. Lieber einen Schläger weniger nehmen, als man ihn im flachen Gelände brauchen würde. Das Doppelfairway der Bahnen 4 und 6 birgt dann die letzte Herausforderung. Die Breite verleitet dazu, etwas die Ideallinie zu verlassen. Es zeigt sich, wie wichtig die „Vorfahrtsregel“ des Marshalls war. Mit einer leichten Linkskurve erreichen wir das Schlussgrün. Spielt man die Bahn zweimal als 18-Loch-Kurs, schlägt man hier, ebenso wie an der 1, aus einer anderen Teebox ab.
Wir kehren allerdings nach neun Loch und etwa zwei Stunden Spielzeit ins moderne Clubhaus zurück. Freundlich werden wir auf der Terrasse der Clubgastronomie empfangen. Als wir uns als historisch Interessierte zu erkennen geben, erhalten wir vom Personal die 2014 erschienene Festschrift des Clubs zur Ansicht. Leider ist die reichlich bebilderte Publikation nicht mehr käuflich zu erwerben. Aber das Durchblättern des Clubexemplars bestätigt uns in unserer eigenen Wahrnehmung: Der Domburgschen Golfclub vereint Geschichte und Moderne in einem der schönsten Golfplätze, die wir bislang spielen durften.
Fotos: Frank Biller
Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/