Volunteers – Die heimlichen Stars der Profi-Golfturniere

Li Volunteers steht vor seinen Fans mit Daumen nach Oben beim BMW International Open

„Ruhe bitte, bitte bleiben Sie stehen! Danke!“ Wenn man als Zuschauer auf einem Golfturnier diese Worte hört, ist man höchstwahrscheinlich in das Visier eines oder einer Volunteer geraten. 123Golfsport.de hat sich auf den letzten beiden deutschen Profiturnieren einmal den freiwilligen Helfern gewidmet und einen wahren Star entdeckt.

Winsen an der Luhe, 7 Uhr morgens. Es ist die Woche der Porsche European Open. Petra Dieckmann und ihr Mann Fritz sind bereits in ihre blauen und orangenen Poloshirts geschlüpft und halten jeweils ein Schild mit der Aufschrift „Ruhe bitte“ in der Hand. Gleich wird an Tee 1 der erste Flight auf die 7.057 Meter lange Runde gehen. Noch sind so gut wie keine Zuschauer vor Ort, aber das wird sich im Laufe der nächsten Stunden ändern. Petra und Fritz sind Freiwillige, sogenannte Volunteers, die mit anderen dafür sorgen, dass das Turnier reibungslos und möglichst ohne Störungen für die Spieler vonstattengeht.

Auf der Anlage der Green Eagle Golf Courses unterstützen in dieser ersten Juniwoche circa 200 Freiwillige das Orga-Team. Sie haben sich über die Webseite der PEO, Social-Media-Kanäle oder über Emailverteiler beworben. Nicht alle sind zum ersten Mal dabei, es gibt eine Menge Wiederholungstäter. „Mehr als 80 Prozent der Freiwilligen war bereits bei einer der vorherigen PEO mit dabei“, sagt Tim Starke, Presseverantwortlicher für das Event der DP World Tour.

Ohne Volunteers geht heutzutage nichts auf den Profi-Golfturnieren. Foto: Petra Dieckman

Auch Petra und Fritz gehören zum regelmäßigen Stamm der Freiwilligen. Die beiden Münchner kommen jedes Jahr in den hohen Norden, um mit ihrem Einsatz zum Gelingen des Turniers beizutragen. „Das Wichtigste ist, den Spielern so viel Ruhe zu ermöglichen, wie sie für ihre Konzentration brauchen“, sagt Petra. Und ihr Mann Fritz ergänzt: „Das ist manchmal nicht so einfach, weil nicht jede Zuschauerin oder Zuschauer sich entsprechend ruhig verhält. Da muss man dann auch mal deutlich werden“. Dass dies vor allem Petra, auf Instagram als @petra_golfweibi zu finden, gut kann, hat sie bereits bewiesen: „Manchmal muss man schon energisch sein, obwohl ich das privat überhaupt nicht bin“.

Seit 17 Jahren nimmt Petra an Profiturnieren deutschlandweit teil. Sie ist selbst begeisterte Golferin und hat die Arbeit als Freiwillige zu ihrem zweiten Hobby gemacht. Dabei gehört schon eine große Portion Idealismus zu dieser Tätigkeit: In der Regel erhalten Volunteers keine Spesen. In Winsen werden sie mit zwei Poloshirts, einer Cap und einem Regencape ausgestattet. Zudem können sie während der vier Turniertage im Mitarbeiterzelt kostenlos speisen. Durchaus üblich im Turnierzirkus. Anreise, Unterkunft und sonstige Ausgaben gehen auf eigene Rechnung.

Die Aufgaben der Freiwilligen sind dabei sehr vielseitig. Neben Tätigkeiten hinter den Kulissen im Rahmen der Organisation sind sie vor allem auf dem Platz zu finden: Es gibt Flightmarshalls, die die Spieler die ganze Runde begleiten, Freiwillige, die als Ordner die Zuschauerströme leiten, Volunteers, die vor jedem Schlag für Ruhe sorgen und solche, die das Scoreboard eines Flights bedienen und hochhalten, um die Zuschauer über den aktuellen Punktestand zu informieren.

Die „Domina von der Eins“ nimmt seit 17 Jahren an Profi-Golfturnieren teil. Foto: Petra Dieckmann

Fritz hat eine besondere Aufgabe: Er ist auf den langen Bahnen an der Stelle postiert, an der in der Regel die Abschläge der Profis landen. Seine Aufgabe besteht darin, den Ball zu lokalisieren und wenn nötig vor den Zuschauern abzuschirmen. Hans Gerling, Profi-Caddie auf der DP World Tour, bezeichnet diese Aufgabe des „Ballspotters“ als die wichtigste im Turnier. „Ich bewundere Volunteers, die sich fünf Tage Auszeit nehmen, Urlaub und Freizeit opfern. Ohne diese Leute geht nichts mehr bei dieser Größenordnung von Turnieren. Leider, so habe ich den Eindruck, finden sie zu wenig Beachtung für ihre tolle Arbeit“, meint Gerling, der unter anderem für Rafa Cabrera Bello am Bag steht.  

Szenenwechsel: München-Eichenried in der vergangenen Woche. Es laufen die BMW International Open. Mit von der Partie erneut Petra und Fritz. Sie sind zwei von 450 freiwilligen Helfer:innen. Diesmal ist die Anreise nicht so weit, sie können nach getaner Arbeit wieder nach Hause fahren. Aber auch hier beginnt der Tag bereits am frühen Morgen. Petra ist wieder einmal als Marshall am ersten Tee eingesetzt. Sie hat sich diesen Platz turnierübergreifend erarbeitet und fungiert in Eichenried sogar als Teamleiterin.

Insbesondere beim ersten Abschlag ist es wichtig, die Zuschauer an die Etikette zu erinnern, da es immer wieder vorkommt, dass zum Beispiel Handys nicht ausgeschaltet sind. „Man kommt so schnell rein, will irgendeinen Spieler noch sehen und dann vergisst man, das Handy auszuschalten. Das ist ganz normal, menschlich. Aber dafür bin ich ja da“, zeigt Petra Verständnis für die Zuschauer.

Volunteers müssen den Profigolfern zur nötigen Ruhe verhelfen. Foto: Frank Biller

Ihre Arbeit als Ordnerin am ersten Tee hat ihr eine gewisse Berühmtheit eingebracht. Sowohl Spieler als auch Zuschauer:innen kennen sie bereits. Im @teetimegolfpodcast von Golfprofi Bernd Ritthammer sowie dem ehemaligen Pro und neuen Sky Golfmoderator Florian Fritsch wurde sie einmal augenzwinkernd als „Domina von der Eins“ bezeichnet. Ein Spitzname, der sich inzwischen auf den Turnieren etabliert hat und den Respekt und die Anerkennung aller Beteiligten für das Engagement Petras ausdrückt.

In dieser Woche gastiert die Ladies European Tour nach sechs Jahren Pause wieder in Deutschland. Auf der Anlage des G & CC Seddiner See vor den Toren Berlins schlagen vom 30. Juni bis 03. Juli die besten Golferinnen Europas ab. Am ersten Tee treffen sie auf Petra, die auch dieses Event in ihren Turnierkalender aufgenommen hat. Petra freut sich auf das Turnier, ist sie doch auch auf der LET seit mehreren Jahren tätig und sorgt auch dort in ihrer gewohnten Art, freundlich aber bestimmt, für Ruhe und Ordnung. Sie hofft, dass dieses Turnier ein weiterer Schritt in Richtung ihres großen Traums ist: Petra möchte im kommenden Jahr als Volunteer in Rom beim Ryder Cup dabei sein. Die Bewerbung ist schon draußen, jetzt heißt es Daumen drücken, damit die „Domina von der Eins“ auch beim europäisch-amerikanischen Kräftemessen für Ruhe sorgen wird mit einem Bayrisch gefärbten „Quiet please!“ 

Titelbild: BMW International Open

Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/

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