Buchvorstellung: Stefan Haver, Landsberg

Ein Buchcover vor einem verschwommenen Golfplatz

„Kämpfen. Kämpfen. Kämpfen. […] Hier auf Landsberg wurde immer schon gekämpft.“ Diese Worte legt Stefan Haver im Prolog seines Romans dem Herrn von Gut Landsberg im 19. Jahrhundert in den Mund. Dass das auch im 21. Jahrhundert nicht anders ist, erfahren wir auf gut 200 Seiten.

Konkurrierende Golfclubs

Allerdings geht es nun nicht mehr um Raubrittertum, Religion und Landesherrschaft. Jetzt sind die Protagonisten Autohändler, E-Roller-Verleiher, Bauunternehmer oder Fleischermeister und stehen sich unversöhnlich in zwei Golflagern gegenüber. Auf der einen Seite der Golfclub Gut Landsberg, eine Hochburg von Tradition und Ewiggestrigem. Auf der anderen Seite der Golfclub Hefel – ohne Geschichte, aber dafür modern und offen für Neues. Die Konkurrenz beider Vereine wird zwischen den Protagonisten offen ausgetragen. Hinter den Kulissen wird alles versucht, sich die Spitzenposition im Werben um neue Mitglieder zu sichern. Auch wenn das bedeutet, sich von liebgewonnen Einstellungen und Verhaltensweisen zu trennen. Dass dies in einem Club nicht ohne Widerstände und Reibungen von Statten geht, versteht sich von selbst.

Protagonisten aus dem Leben gegriffen

Haver nimmt seine Leserinnen und Leser mit auf geschäftliche Golfrunden und turbulente Mitgliederversammlungen. Er lässt sie teilhaben an Hinterzimmerverhandlungen, expressionistischen Kammerkonzerten und lokalpolitischen Entscheidungen. Die Figuren wirken dabei immer bekannt. Ob ehrgeizig aber erfolglos, engagiert aber glücklos oder sympathisch aber intrigierend, die handelnden Personen sind dem Leben entnommen. Identifikation ist ebenso möglich wie Ablehnung. Vor allem können die Leserinnen und Leser den Protagonisten Gesichter aus dem eigenen Umfeld zuordnen.

Humorvolle Sprache

Dies ist einer der großen Vorzüge des Romans. Auch jenseits von Fairways und Grüns funktionieren die erzählten Geschichten. So kommen auch Nichtgolferinnen Golfer auf ihre Kosten. Ein weiterer Pluspunkt ist der humorvolle Stil des Autors. Die Sprache ist klar und voller gelungener Überraschungen. Wenn Hefel mit dem Slogan „Willkommen an Loch Sex“ um Neumitglieder wirbt, wird man sich eines Schmunzelns ebenso wenig erwehren können, wie beim „hochbetagten Hochbegabten“.

Unerwartete Geschichte

Der Roman erzählt die Geschichte eines Golfclubs, der wie viele andere, durch Überalterung in Schieflage zu geraten droht. Modernisierer streiten mit Traditionalisten. Es wird um Posten gerungen, ohne sich aufdrängen zu wollen. Platzarbeiten drohen in einem Fiasko zu enden. Ein Erntedankturiner wird zur Halloweenparty und verdiente Clubgrößen segnen plötzlich das Zeitliche. Alles läuft auf eine Katastrophe hin, bis ein unerwarteter Wink des Schicksals alles ändert. 

Vom Golfroman zum Gesellschaftsroman

Stefan Haver ist laut Klappentext in der Unternehmenskommunikation zuhause. „Landsberg“ ist sein Erstlingswerk. Kenntnisse der Materie blitzen immer wieder auf und sind durch seine aktive Mitgliedschaft in einem Essener Golfclub verbrieft. Er liefert allerdings mehr als einen Golfroman. Vielmehr schaut Haver der Gesellschaft auf die Finger. Stellt Schein und Sein ebenso ins Rampenlicht wie Loyalität und Verrat. Das löst den Text von seinem sportlichen Hintergrund und macht ihn zu einem lesenswerten Gesellschaftsroman. Ein Buch für Golferinnen und Golfer aber auch für solche, die es vielleicht nie werden wollen.

Stefan Haver, Landsberg. Klartext-Verlag, 2023. 200 Seiten.

Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/ 

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