„Wenn ich meine Chance kriege, möchte ich sie nutzen“ – Interview mit Sophie Hausmann

Sophie Hausmann steht lachend hinter ihrer Golftasche

Das klingt alles sehr bodenständig – sowohl deine Konzentration auf dem Platz als auch deine Bewertung des Erfolgs im Nachhinein. Bist du von Natur aus so abgeklärt oder hat dir das jemand beigebracht?

Meine Eltern haben glaube ich bei der Erziehung schon sehr darauf geachtet, dass mein Bruder und ich auch bei Erfolgen nicht abheben. Mit Angeberei macht man sich keine Freunde. Klar bin ich stolz, wenn ich etwas schaffe und poste das dann auch mal in den sozialen Netzwerken. Aber ich spüre, dass mir ein eher dezenter Umgang mit Siegen etwas den Druck nimmt. Gleichzeitig ist es für das Selbstvertrauen nicht schlecht, wenn man auch mal sagt: „Ich kann einiges vorweisen und bin schon ziemlich gut.“ Hier muss man einfach den richtigen Mix finden: Wie viel Selbstbewusstsein ist gesund und wo wird es zu viel?

Diese Frage beantworten die heutigen Superstars im Golf ja bisweilen sehr unterschiedlich. Hast du Vorbilder?

Wenn man mit Tiger aufwächst, ist es schwer, ihn nicht zu mögen. Wie er das Spiel weiterentwickelt hat, ist unglaublich. Und ich mag ihn auch persönlich sehr. Er ist ein Mensch wie jeder andere, der aber seit Jahrzehnten mit riesiger Publicity lebt und schon mit 20 Jahren unfassbare Summen auf dem Konto hatte. Bevor man hier urteilt, sollte man sich selbst einmal fragen, wie man sich in dieser Situation verhalten würde.

Ansonsten inspiriert mich die Skirennläuferin Lindsey Vonn sehr. Ihre Einstellung zum Sport und die harte Arbeit, die sie investiert hat, finde ich bemerkenswert.

Du spielst deine zweite Saison auf der Symetra Tour. Spürst du, dass du dich weiterentwickelt hast? Dass du heute eine bessere Golferin bist?

Die ersten zwei Turniere deuten ja schon darauf hin und das wiederum ist gut für den Kopf. Ich merke, dass ich da vorne mitspielen kann. Man hat sich das natürlich vorher eingeredet, will aber dann auch einmal schwarz auf weiß den Beweis haben. Ich habe auch gemerkt, dass ich mental eine andere Herangehensweise entwickelt habe und in Situationen cool bleibe, in denen ich vergangenes Jahr noch vollkommen nervös geworden wäre. Ich erde mich selbst ein bisschen, nach dem Motto: „Ja, so ein Turnier dauert lange. Du musst nicht jetzt an Bahn 2 den Eagle machen, um hier zu gewinnen.“ Klar gibt es auch ein paar Schläge, bei denen ich mich wohler fühle als im letzten Jahr. Hier habe ich vor allem auch das Gefühl, dass ich die Off-Season ganz gut genutzt habe. Aber die letzte Saison hat mich vor allem im mentalen Bereich reifen lassen.

Du hast zwar schon gesagt, dass du aus deinem tollen Saisonstart keine Selbstverständlichkeiten für die Zukunft ableitest aber ohne einen kleinen Ausblick lassen wir dich hier nicht gehen. Und da landen wir zwangsläufig beim Thema LPGA…

Mein Ziel ist es natürlich. Andernfalls müsste ich hinterfragen, was ich hier eigentlich mache. Und wenn man so reinkommt, dann liebäugelt man natürlich auch mit einer Platzierung in den Top 10. Aber die Saison ist lang, und mir ist vollkommen klar, dass ich auch mal Turniere spielen werde, in denen es nicht so läuft. Ich denke, das werden die Schlüsselmomente. Dann gilt es, aufzuarbeiten, was die Gründe waren, daran zu arbeiten und sich dann zu sagen: Weiter geht’s. Wenn ich meine Chance kriege, dann möchte ich sie nutzen. Aber darüber hinaus möchte ich mich möglichst wenig unter Druck setzen. Ein freier Kopf ist die beste Voraussetzung für gutes Golf.

Fotos: Sophie Hausmann

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