Reine Kopfsache: Gastbeitrag von Marco Burger, HIO Fitting
Was unterscheidet einen geschmiedeten von einem gegossenen Eisenkopf und wieso gibt es so viele unterschiedliche Modelle vom gleichen Hersteller? Marco Burger von HIO Fitting beantwortet die gängigsten Fragen.
Unserer Erfahrung nach ist der Schlägerkopf für 70 Prozent des Ballflug-Verhaltens verantwortlich, die restlichen 30 Prozent Feintuning kommen durch den Schaft zustande. Zumindest wenn man die menschliche Komponente außen vorlässt, die natürlich den größten Einfluss auf das Ergebnis des Schlags hat. Hier kommt dann das Schlaggefühl ins Spiel – durch den Schaft lässt sich das Gefühl signifikant verändern und dieses wirkt sich bekanntlich auf das Schlagergebnis aus. Der Schaft ist für uns also der ausschlaggebende Faktor, einen Golfschlag reproduzierbar ins Ziel zu befördern.
Warum gibt es so viele verschiedene Modelle?
Viele Golfer sind aber von der schieren Masse der auf dem Markt angebotenen Eisen überwältigt und können nicht verstehen, warum ein Hersteller etliche unterschiedliche Eisenmodelle anbieten muss. Einmal ganz zu schweigen von den immer stärker werdenden Lofts; also der immer geringer werdenden Schlagflächen-Neigung.
„Natürlich haue ich mein Eisen 7 weiter, wenn es eigentlich ein Eisen 5 ist und lediglich eine 7 vorne drauf steht“, beschweren sich immer mehr Golfer über Lofts von 29 Grad und weniger beim Eisen 7, das früher einmal mit 35 Grad Loft verkauft wurde.
Aber genau wie andere Industrien stand auch die Golfindustrie in den vergangenen Jahren nicht still und hat sich in Bezug auf Aufbau und Materialwahl und -Zusammensetzung der Eisenköpfe deutlich verändert. Während vor 20 Jahren Eisen eher schnörkellos daher kamen und aus einem einzigen Klumpen Stahl gefertigt wurden, erinnern die Modelle heutzutage in Form und Materialvielfalt eher an ein Raumschiff als an einen Golfschläger.
Die Golfindustrie musste umdenken
Der Trend zu immer größeren Schlägerköpfen mit jeder Menge Technologie in den unterschiedlichsten Bereichen hat aber nicht nur einen deutlich höheren Spielkomfort für den Golfer zur Folge. Er zwang die Industrie auch zum Umdenken in Bezug auf Lofts.
Denn während es auch heute noch klassische Blades und Muscle-Back-Eisen gibt, die mit Lofts von 35 Grad angeboten werden, wäre eine solche Schlagflächen-Neigung bei den High-Tech-Produkten dieser Zeit nicht angebracht. Wer will schon ein Eisen 7 haben, mit dem die Bälle eher hoch als weit fliegen? Genau das wäre allerdings der Fall, würden die breiten Eisenköpfe mit dem gleichen Loft angeboten werden wie die schlanken Klingen, die ebenfalls in der Auslage zu finden sind.
Die breiten Schlägerköpfe der Game-Improvement- und Super-Game-Improvement-Eisen, wie sich diese Modelle inzwischen nennen, sollen den Golfern wiederholbar bessere Ergebnisse liefern. Das schaffen die Schläger durch einen möglichst tiefen Schwerpunkt. Das hat einerseits einen deutlich höheren Abflugwinkel (Launch Angel) zur Folge, liefert aber auch eine größere Fehlerverzeihung bei unsauber getroffenen Bällen. Gleichzeitig bieten die großen Schlägerköpfe das größte Potenzial, möglichst viel Masse in die Randbereiche zu verlagern und damit das Trägheitsmoment hochzuhalten. Somit bietet sich diese Schlägerkategorie nicht nur für Anfänger und hohe Handicaps an, sondern auch für alle Golfer, die mit möglichst wenig Aufwand das beste Ergebnis erzielen wollen.
Blades und Muscle Backs für erfahrene Golfer
Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich Blades und Muscle Backs, die durch ihre kompakte Form wenig Platz für Technologien und große Spielereien bieten. Diese Kategorie der Eisen ist sicherlich nichts für den Anfänger oder Wochenendgolfer, sondern gehört in die geübten Hände von Profis und solchen, die es einmal werden wollen. Dazwischen findet sich eine derartige Vielfalt von Kompromiss-Lösungen, dass es den Rahmen sprengen würde, auf jede einzelne genauer einzugehen.
Auch bei den Fertigungsprozessen hat sich die Golfindustrie inzwischen derart weiterentwickelt, dass sich auch das übliche Klischee nicht mehr einfach so bestätigen lässt, geschmiedete Schlägerköpfe würden sich weicher anfühlen als gegossene.
Aufgrund all der oben genannten Punkte sowie der weiteren feinen Unterschiede zwischen unterschiedlichen Schlägerköpfen ist es unumgänglich, sich auf der Suche nach dem optimal geeigneten Eisensatz in die Hände erfahrener Fitter zu begeben. In einem umfassenden Fitting-Prozess von mindestens 1-2h werden im Idealfall nicht nur diverse Schlägerköpfe von unterschiedlichen Herstellern miteinander verglichen, sondern im zweiten Schritt auch der perfekte Schaft für die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt.
Fotos: HIO Fitting