Nordsee-Swing #1: Golfclub Norderney

Grüner Golfplatz, im Hintergrund ein Mann und eine Golffahne

In unsere Serie „Nordsee-Swing“ berichten wir über Golfanlagen an der deutschen Nordseeküste. Dabei beschäftigt uns neben den Platzlayouts besonders die Clubgeschichte, Vereinsphilosophien, das Miteinander der Mitglieder oder besondere Aktivitäten neben dem Golfsport. Den Beginn macht der Golfclub Norderney.

Der älteste „Links-Course“ Deutschlands

Der Golfclub Norderney ist einer der ältesten noch existierenden Golfclubs in Deutschland. Die ersten Bälle flogen bereits 1922 auf drei Bahnen zwischen den Dünen der Nordseeinsel. Fünf Jahre später erfolgte die Gründung des Golfclubs, der heute über 9 Bahnen, mit einem Par 72 Standard, verfügt. Die Anlage ist ein sogenannter „Links-Course“, wobei die Bezeichnung „Links“ nichts mit der Spielrichtung zu tun hat, sondern das unfruchtbare sandige Land an der Küste zwischen Dünen und Salzwiesen bezeichnet. Der Begriff stammt aus Schottland, wo schon im 18. Jahrhundert Golfplätze an den Nordseestränden gegründet wurden. Der bekannteste unter ihnen ist der „Old Course“ von St. Andrews, dessen altehrwürdiger Club 1754 aus der Taufe gehoben wurde, mit seinem herrschaftlichen Clubhaus aus dem 19. Jahrhundert.

Ganz so gediegen geht es auf Norderney nicht zu. Das 1961 gebaute Clubhaus kommt architektonisch eher nüchtern daher. Im Inneren gruppieren sich vor einem schönen Panoramafoto des 18. Lochs von St. Andrews einzelne Tische mit Sitzmöbeln. Zudem sind hier das Sekretariat, ein Proshop sowie die Umkleiden mit sanitären Anlagen untergebracht. Eine Clubgastronomie existiert nicht. Das angrenzende Golfhotelhotel hat seine besten Zeiten bereits erlebt und ist seit längerem geschlossen, was dem Gesamteindruck der Anlage wenig zuträglich ist.

Bahnen in den Dünen 

Direkt unterhalb des Golfheims befindet sich der Abschlag der ersten, 306m langen Par4 Bahn, deren Ende gleich das erste Highlight aufweist: ein circa 10m erhöhtes Grün, das vom Fairway nicht einsehbar ist. Schlecht platzierte Annäherungsschläge finden schnell den Weg über das Ziel und verschwinden im Dünengras. Dabei müssen die Schläge vom Tee bis ins Grün technisch nicht schlecht sein, doch droht der überall gegenwärtige Wind die Bälle in eine nicht geplante Richtung fortzutragen.

Dies zeigt sich auch an der 2. Bahn, einem 408m langen „Dogleg“ nach rechts. Bei Gegenwind müssen sich die Spieler*innen taktisch klug verhalten, um dem Ball die richtige Richtung zu geben. Leider wird das Bemühen um die Ideallinie dadurch erschwert, dass der Verlauf der Bahn kaum zu erkennen ist. Hierbei helfen Neu- und Gastspieler*innen in der Regel grafisch aufbereitete Bahnverläufe am Abschlag. Allerdings sind diese auf Bahn 2, ebenso wie auf manch anderen Bahnen, sehr ausgeblichen, sodass Bahndetails nur schwer auszumachen sind. Das ist besonders für einen Platz bedauerlich, der viele ortsunkundige Golf-Gäste anzieht.

Nach einer geraden Par3 Bahn mit verteidigendem, frontalem Bunker säumen auf der folgenden Par5 Bahn ein paar wenige Bäume die rechte Auslinie. Dieser kleine „Wald“ der vierten Bahn wird leicht zum „Bällegrab“, wenn der Ball, in der Hoffnung auf Seitenwind, zu weit rechts angesetzt wird. Das landschaftlich reizvoll gelegene Grün muss blind angespielt werden, da es sich in einem Kessel befindet. Beim Verlassen der Bahn sollte nicht vergessen werden, die Glocke zu betätigen, damit der nachfolgende Flight sich nähern kann.

Ungewöhnliche „Hindernisse“

Apropos „Unebenheit“: Dass Norderney unter einer „Kanincheninvasion“ leidet, sieht man auf der ganzen Insel. Auch vor dem Golfplatz machen die putzigen Tierchen nicht halt. Somit sind sowohl Fairway als auch Rough übersät von kleinen Löchern, in denen sich so mancher Golfball verirrt. Daher sei jedem Golfer und jeder Golferin geraten, bei der Ballsuche auch in die Kaninchenverstecke zu schauen und von Anfang an einige Extra-Bälle einzustecken.

„Signature Hole“

Die fünfte Bahn könnte gut als „Signature Hole“ herhalten: Der Ball wird von erhöhten Abschlägen durch ein von Hügeln gesäumtes Tal gespielt. Hierbei verschwindet das Spielgerät, je nach Qualität des Schlages, kurzzeitig aus dem Bildfeld der Spieler*innen, um dann im günstigsten Fall wieder auf dem Grün sichtbar zu werden.

Die sechste Teebox ist die höchste auf der ganzen Anlage: Man sieht sie bereits von verschiedenen Bahnen aus, was die Vorfreude auf diesen Abschlag erhöht. Zudem hat man von dort einen schönen Rundblick auf die Golfbahnen, die Dünenlandschaft und den Norderneyer Leuchtturm.

Nach einem recht geraden Par3 wechseln die Golfer*innen schließlich die Straßenseite und schlagen unter den Augen der Bewohner des angrenzenden Campingplatzes auf ein 530m langes Par5 „Dogleg“ ab. Auf dem breiten, flachen Fairway kommen erstmals zwei kleine Wasserhindernisse ins Spiel. Die letzte gerade Bahn 9, auf die ebenfalls wieder von einem Plateau aus abgeschlagen wird, führt als Par4 wieder zum Clubhaus zurück.

Platzzustand

Die Anlage zeigte sich Ende April in einem guten Zustand, mit harten Fairways, auf denen die Bälle nach dem Aufschlag noch weit rollten. Auf allen Bahnen sind die Grüns recht schnell aber nicht immer spurtreu. Die „Roughs“ bestehen aus Dünengras, das sehr dicht sein kann, sodass Bälle hieraus schon besonders gut getroffen werden müssen, wenn sie denn gefunden werden. Der Verlauf der Bahnen ist nicht immer nachvollziehbar, was unter anderem daran liegt, dass Platzabschnitte nahtlos ineinander übergehen. Vielleicht ändert sich diese Situation im Laufe des Jahres, wenn sich die Vegetation noch weiterentwickelt.

Die Bunker sind moderat über dem Platz verteilt, Bäume und Wasserhindernisse stören kaum. Die Ausschilderung zum nächsten Tee ist nicht immer eindeutig (zum Beispiel von Bahn 4 zu den Abschlägen von Bahn 5) und manche Grafiken an den Teeboxen könnten, wie bereits erwähnt, eine Überarbeitung vertragen. Das wochentagunabhängig erhobene Greenfee von 45 Euro für 9 Loch und 60 Euro für eine „Tageskarte“ liegt im Rahmen. Zudem bietet der Golfclub für Vielspieler Rabattkarten an.

Fazit

Insgesamt ist der Platz etwas für „Golf-Puristen“: Wer die Aura und die Herausforderungen eines Links-Kurses sucht, sich den teilweise starken Windböen stellen und nicht zu weit reisen möchte, kommt im GC Norderney voll auf seine Kosten. Davon unabhängig besticht die Anlage mit schönen Ausblicken in eine reizvolle Dünenlandschaft!

Anmerkung:

Leider konnten weder im Vorfeld noch vor Ort weitergehende Informationen zum Vereinsleben sowie anderen Aktivitäten des Golfclubs Norderney eingeholt werden, da eine schriftliche Anfrage unbeantwortet blieb. Auch war das Sekretariat, trotz anders angegebener Öffnungszeiten auf der Homepage des Clubs, nicht besetzt. Aus diesem Grund spiegelt der Bericht lediglich die Eindrücke des Autors wider, der sich gerne noch mit Clubverantwortlichen ausgetauscht hätte.  

Foto: Frank Biller

Weitere Texte von Frank Biller lest ihr auch auf seinem persönlichen Blog http://www.derfreizeitgolfer.de/   

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